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| Thema: Ein Lebenslauf! Di 06 Jul 2010, 20:16 © Admin | |
| Ein Lebenslauf
oder : Wie ich nach Norderstedt kam
Es begann alles damit, daß ich geboren wurde. Damals war ich noch sehr jung. Als ich ankam, waren meine Eltern gerade nicht zu Hause. Sie waren auf dem Feld, Kartoffeln holen. Es war zwar nicht unser Feld, aber wir holten dort immer die Kartoffeln. Auf dem Tisch lag nur ein Zettel: "Die Milch steht auf dem Ofen !". Ja, so fing alles an.
Ich war nicht alle Kinder, die wir hatten. Wir waren insgesamt 9 Kinder, 6 Jungen, 2 Mädchen und 1 weiß-ich-nicht. Vielleicht sollte ich Ihnen hier mal kurz meine Familie vorstellen ? Meine Eltern waren adelig ! Mein Vater war ein "auf und davon" und meine Mutter war eine geborene "von der Bundesbahn". Das war so auf unserem Handtuch zu lesen. An das Handtuch erinnere ich mich noch genau, es STAND immer gleich hinter der Küchentür.
Bei dieser großen Familie war es mit dem Schlafen schwierig, wir hatten ja nur 2 Betten. In einem schliefen die Eltern, das andere mußten wir uns teilen. Das ging so : war einer eingeschlafen, wurde er an die Wand gestellt, dann konnte der nächste sich hinlegen. Einmal habe ich 1 Woche an der Wand gestanden, das ist gar nicht aufgefallen.
Die Wohnung war ohnehin sehr eng. Mutter mußte in der Küche die Pfannkuchen immer hochkant braten. Unser Dackel hatte es auch nicht leicht, aus Platznot haben wir ihm beigebracht, immer auf und ab zu wedeln, statt hin und her.
Unser Zuhause lag in einem sehr kleinen Ort, Sie werden ihn nicht kennen. Er heißt Kleinen- Radebergerpilshofhausendorf. Er war so klein, daß wir nur eine halbe Vorwahlnummer von der Post bekamen.
Meine Geschwister haben alle Karriere gemacht. Mein erster Bruder wurde Oberpfadfinder. Im Finden war der große Klasse ! Der fand Sachen, die hatten andere noch gar nicht verloren! Mein zweiter Bruder war Sänger. Allerdings sang(k) er mit der Zeit immer tiefer. Jetzt brummt er seit 3 Jahren. Mein dritter Bruder ist Künstler, genauer : Verwandlungskünstler. Er geht mit einem alten Mantel in ein Lokal und kommt mit einem neuen wieder heraus ... Mein vierter Bruder ist GANZ anders : er ist Klempner. Was er so am Tage klemm(p)t, wird dann abends verlötet. Meine Schwestern sind beide sehr schön. Die ältere hat schon von Jugend an auf ihre Zähne viel Wert gelegt. Sie hat sogar zwei Zahnbürsten, für jeden Zahn eine. Die andere Schwester legte Wert auf ihre Schlankheit. Sie ist so schlank, daß sie zweimal ins Zimmer kommen muß, damit man sie einmal sieht. Sie hat nur Probleme beim duschen, sie muß immer von Strahl zu Strahl hüpfen, um naß zu werden. Jetzt hat sie Zwillinge bekommen. Die sehen sich sehr ähnlich, besonders der eine.
In der Schule war ich der Liebling der Lehrer. Manche Klassen durfte ich mehrmals besuchen, die anderen Kinder mußten immer in die nächste Klasse. Einmal fragte der Lehrer : "Wenn ihr beim Schlachter 50 DM, beim Bäcker 40 DM und beim Krämer 80 DM Schulden habt, wieviel ist das dann zusammen?" Da sagte ich : "Das weiß ich nicht, dann ziehen wir immer um !" Brachten wir Kinder gute Schulzeugnisse nach Hause, bekamen wir 10 Pfennig für die Spardose. Bei schlechten Zeugnissen gab es mit dem Teppichklopfer Prügel. War die Spardose voll, wurde ein neuer Teppichklopfer gekauft....
Nach der Schule kam ich in die Lehre bei einem Schlachter. Abends nahm ich oft die schönen Suppenknochen mit nach Hause. Ich hatte mir ganz fest vorgenommen, ihn auch mal irgendwann um Erlaubnis zu fragen. Er schrieb mir dann in mein Zeugnis : " Er war immer ehrlich bis auf die Knochen."
Danach arbeitete ich in einer Zoohandlung. Dort mußte ich den Papageien waschen. Das waschen vertrug er gut, aber das auswringen nicht. Ich war dann bei einem Kaufmann beschäftigt. Unter anderem sollte ich ihm den Fußboden bohnern. Das konnte ich wirklich gut. Das konnte ich so gut, daß ich gelegentlich selbst ausrutschte und mich mit der Hand gerade noch an der Ladenkasse festhalten konnte. Ich bekam dann immer einen Krampf in die Hand. Leider hat er mich bald entlassen.
Ich fing dann beim Theater an. In meiner ersten Rolle sollte ich einen Eimer Wasser auf die Bühne tragen. Das war mir zuwenig. Da durfte ich zwei Eimer Wasser auf die Bühne tragen. Später bekam ich sogar eine richtige Sprechrolle! Ich sollte auf die Bühne gehen und sagen :" Sie kommen noch nicht!" Als ich auf die Bühne kam, sah ich einen Kasten auf dem Boden, da schaute der Kopf einer Frau heraus. Die flüsterte mir zu :"Sie kommen noch nicht !" Da sagte ich : "na, dann eben nicht !" und ging wieder. Der Intendant meinte, ich wäre unbezahlbar. Ich habe dann auch kein Geld bekommen.
Dann wurde ich Gärtner im Stadtpark. Eines Tages hatte ich eine Bank angestrichen. Die Farbe war noch ganz frisch. Eine Oma kam und wollte sich setzen. Ich sagte : "Vorsicht, frisch gestrichen !" Sie setzte sich hin und fragte : "Wiiiiiieeee ?" - Ich sagte : "GRÜN !"
Da brauchte ich natürlich neue Farbe. Der Chef sagte zu mir, die Farbe wäre im Lager, dort hinten, wo die roten Lichter zu sehen sind. Ich nahm also mein Fahrrad und folgte den Lichtern. Ich war drei Tage unterwegs, es waren die Rücklichter eines Lastwagens, der nach Norderstedt fuhr...
So, nun wißt ihr, wie ich nach Norderstedt kam.
Liebe Grüsse
"Trauer ist ein Teil des Lebens, aber sie darf nicht das ganze Leben werden." |
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