hallo an alle

ich habe am Montag Nachmittag wie jeden Montag Ferdi besucht. Er erkannte mich nicht und wollte nicht mit mir in die Cafeteria, was wir sonst immer tun. Eine Therapeutin die jeden Nachmittag auf der Station für Beschäftigung zuständig ist hat es mitbekommen und mir vorgeschlagen mitzukommen. Sie sagte zu Ferdi: kommen Sie wir gehen in die Cafeteria einen Kaffee trinken und Torte essen...und er ging sofort mit. Ich hinten nach. Unten angekommen wollte er nicht mit mir sitzen so sagte sie zu ihm: Wir trinken miteinander den Kaffee und essen die Torte und nachher komme ich mit nach oben, ist das gut so? und er nickte mit dem Kopf. Ich fragte ob ich gehen soll aber sie meinte nein. Er ass die Torte wie wenn er pressant gehabt hätte und sie musste ihn 2x daran erinnern dass der Kaffee noch da war. Er schaute mich ab und zu an, aber abwesend. Er sass neben ihr am Tisch. Wieder oben angekommen wollte ich mit ihm auf sein Lieblingssofa sitzen, wie wir es immer machen, aber er ist von mir weggelaufen und blieb auch weg. Ich bin dann gegangen weil es für ihn besser war. Mein Besuch hat ihn nicht gut getan.

Es war schon recht schwierig für mich obwohl ich ja wusste dass es einmal so kommen würde. Nun der Faden der uns noch verband ist gerissen, das ist das Gefühl dass ich habe. Ich habe auch das Gefühl dass er jetzt einen grossen Stück vorwärts auf den Weg der Vergessenheit gegangen ist, dort wo ich ihn nicht mehr erreichen kann. Hier endet unsere Geschichte nehme ich an.

Ich werde nächsten Montag schauen wie es sich verhält und entsprechend handeln. Wenn mein Besuch nicht gut ist für ihn dann lasse ich es natürlich. Ich will ihn nicht plagen. Vielleicht aber, ist er gut drauf und wir können miteinander in der Cafeteria etwas trinken gehen und er kann seine Linzertorte geniessen ??? wir werden sehen.

Es ist mir wie wenn ich verlassen worden wäre....eigenartig..... dabei war unsere Ehe schon seit Jahren keine mehr und wir sind getrennt. Seit er ins Altersheim zuerst und dann ins Pflegeheim musste habe ich mich um ihn gekümmert und ich besuche ihn seit damals jede Woche einmal. Er hat seine 91jährige Mutter noch, sie haben sich aber schon seit ende 2005 nicht mehr gesehen. Sie will ihn nicht besuchen weil sie es nicht ertragen würde. Sie ruft ihn ein- zweimal die Woche an doch seit Monaten schon erkennt er ihre Stimme nicht mehr und ist jedesmal mehr oder weniger durcheinander nachher. Manchmal will er das Telefon gar nicht annehmen und ruft: nein dann übernimmt das Pflegepersonal den Hörer wieder. Die Mutter lebt immer noch alleine in ihrer Wohnung mit Hilfe der Spitex und pro-senectute. Sie ist körperlich nicht gut beieinander aber meistens noch erstaunlich gut im Kopf, für ihre 91 Jahre....

Nun machts gut und weiterhin viel Kraft und Ausdauer an alle.

liebä gruäss
Janine

Liebe Janine,
schön, von dir zu lesen.

Tut mir sehr Leid für dich, dass Ferdi nicht mehr weiss, wer du bist. Ich glaube, dass ist einer der schlimmsten Momente, die diese Krankheit begleiten. Vertaute Menschen sind plötzlich fremd. Ich kann das sehr gut nachvollziehen. Man weiss, dass es irgendwann so ist, schiebt es aber für sich immer in weite Ferne.

Ich finde es sehr bemerkernswert, dass du trotz eurer Trennung weiter für ihn da bist. Vielleicht schaffst du es ja doch noch mal mit ihm Torte zu essen und sich auf sein Lieblingssofa zu setzen, im Bewusstsein, dass er weiss wer du bist. Ich wünsche es dir von Herzen.

Alles Gute weiterhin wünscht
Biggi

Liebe Janine,
ich kann mir gut vorstellen, dass das ein bitterer Moment ist, wenn man nicht mehr erkannt wird. Wir alle wissen zwar, dass dieser Moment irgendwann mal kommen wird, aber man schiebt es von sich weg. Ich finde es sehr lieb von Dir, dass Du trotz Eurer Trennung weiterhin für ihn da bist.

Ach liebe Janine, ich drück dich mal ganz lieb
Tut mir leid, das ich deine Mail noch nicht beantwortet habe.
Ich hatte sehr wenig Zeit, aber ich werde es auf jeden Fall noch machen.

Ganz liebe Grüße an dich
Jürgen

Liebe Janine,
sind ja keine so guten Nachrichten. Aber die Krankheit verändert halt den Menschen.

Ich wünsche Dir alles Gute.

LG Sylvia

hallo again

lieb von euch allen danke erzlich.

Na ja man muss akzeptieren was nicht zu ändern ist und versuchen diesen Menschen trotzallem zu begleiten und dies im Rahmen dessen was ihm gut tut und nicht was man selber möchte. Das werde ich tun und die neue Situation so nehmen wie sie ist...vielleicht lässt er sich nächste Woche von mir mitnehmen...man wird es ja sehen.

Es ist wirklich nichts spezielles dass ich Ferdi begleite. Ich habe ihn einmal geliebt, wir haben 2 Kindern und die Vergangenheit spielt heute überhaupt keine Rolle mehr. Heute zählt und heute kann ich "freiwillige Arbeit, nenne ich das" tun und anstatt einem fremden Menschen zu helfen, für Ferdi und seine Mutter da sein, das ist nichts bersonderes. Schaut mal was ihr alle tut ???? wenn es einem gut geht sollte man dankbar sein. Wenn j e de und j e d e r das tut was sie/er kann um nur einem Menschen zu helfen, dann wäre vieles besser.

Machts gut und einen schönen Abend.

liebä gruäss
Janine