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| Logopädie im Heim bei Demenz | |
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Nissanfahrerin Ist sich am Einleben
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| Thema: Logopädie im Heim bei Demenz Mi 26 Jun 2013, 11:04 © Nissanfahrerin | |
| Heute hoffe ich mal auf eure Erfahrungen und Anregungen. Folgendes, auf meiner Station leben ausnahmslos Demenzkranke. 70 % davon haben sprachliche Probleme, die überwegend mittelschwer sind. Je mehr wir mit den Leuten sprechen, desto besser wird die Kommunikationsfähigkeit und umso weniger ziehen sie sich zurück.
Nun habe ich die schwersten Fälle zunächst zum HNO geschickt um Ursachen abzuklären. Es liegt nun nur noch daran, dass der Hausarzt eine Anordnung für den Logopädenausstellt. Es gibt auch einen Therapeuten, der ins Haus kommen würde. Doch leider stellen sich die Hausärzte der Sache nicht offen entgegen.
Ich erkundigte mich bei verschiedenen Krankenkassen über die Möglichkeiten. Eine Mitarbeiterin bei der AOK sagte doch glatt: "Ach, das hat doch keinen Nutzen. Die vergessen doch sowieso alles gleich wieder!" Die DAK sagt hingegen: "Wir erstatten alle Rezepte, denn die Kassenärztliche Vereinigung kümmert sich darum, dass die Ärzte sinnvolle Leistungen anordnen."
Wer hat da schon Erfahrungen gemacht? Ich würde mich sehr über den kleinsten Tipp freuen.
LG von Doreen |
| | | Biggi Moderator
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| | | | Nissanfahrerin Ist sich am Einleben
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| Thema: Re: Logopädie im Heim bei Demenz Mi 26 Jun 2013, 21:21 © Nissanfahrerin | |
| Hallo Biggi, vielen Dank fürs Suchen. Ich bin der Sache gleich mal nachgegangen. Leider sind da keine neuen Erkenntnisse als die die ich schon gesammelt habe. Liebe Grüße von Doreen |
| | | dirtsa66 Ist hier Zuhause
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| Thema: Re: Logopädie im Heim bei Demenz Do 27 Jun 2013, 06:12 © dirtsa66 | |
| Liebe Doreen, Bei Mama in der Hg ist ein Herr, der regelmässig Logopädie bekommt, aber ganz ehrlich, ich merke keine Verbesserung. Seine Lebensgefährtin tut alles, damit es "ihm besser geht". Wenn du mich fragst schon zu viel, aber sie will sich halt auch nicht mit dem Zustand abfinden. Er bekommt Logopädie, Physiotherapie, sie lernt und übt mit ihm auch noch lesen, zählen, Wochentage usw. Ich muss dazusagen üben ist gut, aber er ist schon sehr schwach, liegt fast nur noch im Bett und ich hab wirklich das Gefühl, das ist alles so anstrengend für ihn und vor allem bringt es ihm nicht wirklich etwas. Ich weiss nicht was sie sich erwartet , aber sie erzählt oft stolz, was sie heute wieder alles gemacht haben (sie ist fast den ganzen Tag dort - war übrigens 40 Jahre Lehrerin). Es geht auch immer: zeig doch wie du zählen kannst, sag doch guten Tag und, und, und... Was ich allerdings nicht genau weiss, ist inwieweit seine Defizite von der Demenz kommen und inwieweit von seinen anderen Erkrankungen - wahrscheinlich spielt alles zusammen. Alles Liebe Astrid
Anteilnehmende Freundschaft macht das Glück strahlender und erleichtert das Unglück - Marcus Tullius Cicero |
| | | Admin Administrator
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| Thema: Re: Logopädie im Heim bei Demenz Do 27 Jun 2013, 08:44 © Admin | |
| Liebe Doreen Ich möchte dazu auch meine Gedanken schreiben. Im täglichen Zusammenleben damals mit Erik, hatte ich immer wieder die Erfahrung machen müssen, wie Fordern und Überfordern Hand in Hand gehen. Da die Grenze dazwischen oft leider erst beim jeweiligen Überschreiten erkannt wird. Das mit Dementen geredet werden soll und dies wichtig ist, liegt auf der Hand. Denn selbst wenn der Inhalt der Worte nicht mehr verstanden werden kann, bleibt durch die Stimmlage an sich, entweder etwas angenehm Beruhigendes, Beunruhigendes, Forderndes oder Bestätigendes, rein Emotional lange im Verständnis erhalten. Während Fordern sehr sinnvoll ist, bleibt aus meiner Sicht aber auch jegliches Überfordern immer nur Destruktiv, Deprimierend und als ein reines Defizite vor Augen haltendes, unseren Dementen gegenüber. Überfordern fängt eigentlich immer da an, wo wir unseren Dementen ein Stück von unserer Welt zurück geben wollen. Während für sie wichtig ist, das wir uns in ihre Welt begeben und sie dort ihre Anerkennung und Bestätigen bekommen dürfen. Was Heute ein gesundes Fordern sein kann, kann Morgen schon wieder total Destruktiv wirken - und Umgekehrt.....Für mich war immer die grösste Herausforderung mich selber jeweils zu Prüfen, wieweit ich wirklich für Erik (ihm zuliebe) fordernd bin, oder es nicht doch eher nur um meine eigenen Wünsche (mir zuliebe) ging. Denn da liegen die Grenzen erschreckend nahe neben einander. Wieweit Logopädie Sinn macht, hängt also meines Erachtens eher davon ab, wieweit Fingerspitzen- und Mitgefühl grösser sind, als der Sinn der Logopädie an sich. Denn in den meisten Fällen ist es so, das ein sich Öffnen (Aktivieren) eher mit Aufmerksamkeit und Akzeptanz unserer Dementen gegenüber zu tun hat, als eine rein berufliche, spezialisierte Ausübung an sich. Selbst körperliche Schmerzen können manchmal auch nur ein Zeichen dafür sein, das Demente Nähe, Akzeptanz und Wärme in ihrem Sein brauchen. Ich habe auch jetzt im Nachhinein nicht das Gefühl, das unser Erik einen Logopäden gebraucht hätte. Sondern eher ich selber einen Kurs in nonverbaler Kommunikation gebraucht hätte, dann hätte ich ihn wesentlich schneller und besser verstehen können Und je besser unser Verständnis und dessen natürliche Umgang mit Dementen wird, je besser kann der Verlauf gebremst werden, weil diese Tatsache an sich für unsere Dementen die beste Motivation zur Gegenwirkung aller möglichen Defizite geben kann. Also auch für den sprachlich kommunikativen Teil. Was auch z.B Schluckbeschwerden betrifft. So glaube ich weniger das bei unseren Dementen direkt dagegen gewirkt werden kann. Sondern durch Berücksichtigung verschiedener, wichtiger Faktoren, von der Pflegendenseite her ein unbewusstes Training und optimale Bedingungen dazu geschaffen werden können. Ohne unsere Dementen irgendwelchen Erziehungsmassnahmen oder Schulstunden unterziehen zu wollen.
Liebe Grüsse
"Trauer ist ein Teil des Lebens, aber sie darf nicht das ganze Leben werden." |
| | | Marie Ist hier Zuhause
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| Thema: Re: Logopädie im Heim bei Demenz Do 27 Jun 2013, 09:08 © Marie | |
| Ich habe zwar keine Erfahrung mit Logopädie aber ich denke, daß es darauf ankommt, ob der Demente überhaupt noch in der Lage ist, das, was der Logopäde von ihm verlangt, zu verstehen und umzusetzen. Wenn er das kann und auch noch ein wenig Spaß dabei hat - warum nicht.
In Bezug auf meinen Vater haben wir gar nichts in dieser Richtung unternommen, sind gar nicht auf die Idee gekommen. Ich fand immer am wichtigsten, daß man ihn reden läßt, wenn er will und ihm dabei Aufmerksamkeit schenkt. Muß allerdings zugeben, daß mir das zuletzt immer schwerer gefallen ist obwohl ich immer längere Zeit am Tag mit ihm verbracht habe.
Das Beispiel mit der Lehrerin ist für mich typisch. Ich kenne solche ehemaligen Lehrerinnen auch, die einfach ständig ihre Umgebung belehren und erziehen müssen. In einem krassen Fall gehe ich einfach beiseite bzw. reagiere überhaupt nicht. Hilft aber letztlich nichts. Sie kann nicht anders.
Ich habe niemals irgend welche Übungen mit meinem Vater gemacht der Übung halber. Bei bestimmten üblichen Handlungen (z.B. Ausgaben notieren, Belege abheften) habe ich so lange es einigermaßen ging ihn unterstützt, es aber sofort gelassen als ich merkte, daß es auch mit Unterstützung nicht mehr ging. Er war es dann auch zufrieden, daß ich sagte, daß ich das für ihn übernehme und er es nicht mehr machen muß. Man merkt ja, wenn jemand etwas partout nicht mehr auf die Reihe bekommt.
Wohlfühlen ist für unsere Dementen wichtig, nicht Wissen und Können. Was nützt es einem Dementen im Heim, wenn er zählen und Wochentage aufzählen kann? |
| | | Nissanfahrerin Ist sich am Einleben
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| Thema: Re: Logopädie im Heim bei Demenz Do 27 Jun 2013, 09:26 © Nissanfahrerin | |
| @Astrid Was du da schilderst ist eine traurige Sache. Diese Lebensgefährtin kann nicht loslassen und versucht all ihre Erfahrungen zu investieren, um dem Mann zu helfen. Das kann nicht gut gehen. Ich glaube, da werden sich die meisten Beobachter einig sein.
In meinem Projekt im Heim, geht es vor allem darum, dass körperlich fitte Demenzkranke, die eigentlich ganz gern kommunizieren, aber sich aufgrund der verfallenden Sprache zurückziehen, wieder besser integriert werden können. Und dabei geht es nicht darum, die Sprache wiederzufinden, sondern dem Patienten zu zeigen, dass er auch ernst genommen wird, wenn er sich traut in seinem "dementen Sprachsalat" zu reden. Doch das ist nicht alles. In der Logopädie geht es auch um kognitive Dinge, wobei in diesem Gebiet das Anliegen ähnlich ist. Nicht heilen, sondern das was da ist fördern, ausnutzen und neue Wege finden. |
| | | Nissanfahrerin Ist sich am Einleben
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| Thema: Re: Logopädie im Heim bei Demenz Do 27 Jun 2013, 09:47 © Nissanfahrerin | |
| Liebe Admin :DDanke für deinen ausführlichen Beitrag. Du hast da ein paar gute Gedanken aufgeworfen, die in meinem Konzept bereits vorgesehen sind. Du wirst es nicht glauben, aber das Projekt, zu dem ich volle Unterstützung meiner Hausleitung habe, soll nicht nur demente Patienten in unserem Haus in Sachen Logopädie und Kognitivität unterstützen, sonder auch unsere Pflegekräfte. Denn, wie du so schön erkannt hast, auch wir, die die Demenzkranken umgeben, benötigen sehr viel mehr Einsicht in die Dinge, gefühlstechnisch und fachlich. Dazu wurde im April mein Fachartikel "Aphasie bei Demenz" im Vincenz-Verlag veröffentlich, der viel Beachtung findet. (Wer Interesse hat, bitte per Email od. PN eine kurze Info.) Seit dem Erscheinen des Artikels habe ich sehr viele Kontakte zu Fachleuten, auch zur Hochschule für Heilpädagogik in Zürich. Im Vorfeld unternahm ich zahlreiche Untersuchungen und testete eingehend worauf betroffene Patienten am besten reagieren. Dabei stellte ich schnell fest, wer förderbar ist und wer nicht; zumindest für mich als Pflegefachkraft, Therapeuten sehen das sicher anders. Außerdem konnte ich auch gut beobachten, in welchem Maße die Patienten Fördereinheiten akzeptierten. Selbstverständlich kommt es dabei auf uns an, auf unsere Feinfühlichkeit und den Willen, sich auf die Ebene des Patienten herab zu lassen. Und wenn wir dies tun, dann eröffnet sich mit ein wenig Geduld und Glück, eine neue Welt der Kommunikation. Wie das aussieht? Wir alle haben das schon indirekt wahrgenommen. Ob das Zeigesprache ist, ob Ersatzworte gebraucht werden oder gar neue Wortschöpfungen, wenn wir bereit sind darauf einzugehen, ist plötzlich ein Weg da. Das das möglich wird, dafür werde ich in Zukunft für Interessierte Schulungen anbieten. Ab September 2013 ist es soweit. Bis dahin habe ich noch viele Fragen zu klären, u.a. was und wie kann der Hausarzt unseren sparchlich Betroffenen Patienten verordnen. Was sagen die Krankenkassen und was meint die Kassenärztliche Vereinigung? In der Schweiz und in Österreich ist das sicher noch mal anders. Aber auch für diese Länder interessiert mich das. Ich bin dnakbar für jede Idee. |
| | | Nissanfahrerin Ist sich am Einleben
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| Thema: Re: Logopädie im Heim bei Demenz Do 27 Jun 2013, 09:55 © Nissanfahrerin | |
| @ Marie Genau so wie du es schreibst, mit dem Belege abheften bei deinem Vater, so soll es auch mit der Sprache sein. Nur leider haben wir im Alltag so viele Ignoranten, die die Demenzkranken einfach stehen lassen und davon laufen, weil sie mit der speziellen Sprache nichts anfangen können. Ich kämpfe in meinem Pflegeheim täglich dagegen an, führe meinen Kollegen und Angehörigen vor, wie man trotz Sprachsalat eine Kommunikation eingehen kann. Die Patienten merken dann sehr schnell, an wenn sie sich wenden können und an wen nicht. Außerdem wird so sehr gut dem Rückzug entgegen gesteuert, der ja wiederum dazu führt, dass Kommunikationsfähigkeit verloren geht. Wie sollen Menschen ohne Fähigkeit zur Kommunikation ihre Wünsche und Bedürfnisse äußern können? Da geht es schon los beim Gang zur Toilette. "Ich habe ein Bedürfnis, Wo muss ich da hin? Wen kann ich um Hilfe bitten?" Und schnell ist auch die Fähigkeit zur Kontinenz abhanden gekommen. |
| | | Nissanfahrerin Ist sich am Einleben
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| Thema: Re: Logopädie im Heim bei Demenz Do 27 Jun 2013, 09:57 © Nissanfahrerin | |
| Ach was ich noch sagen wollte, Kommunikation ist nicht nur das Sprechen. Man kann nie nicht kommunizieren! |
| | | Ann Ist hier Zuhause
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| Thema: Re: Logopädie im Heim bei Demenz Do 27 Jun 2013, 17:50 © Ann | |
| Hallo ihr Lieben! Bei meinem Vater trat kurz nach dem Schlaganfall eine Sprach- und Sprachverständnisstörung auf. In der Anfangszeit bemerkten wir auch eine Besserung durch die Logo-Therapie, leider verweigerte mein Vater dann weitere Therapien. Einige Wochen später wurde dann die Demenz festgestellt, wahrscheinlich ausgelöst durch den Schlaganfall. Es ist ungeklärt was von beiden nun die Sprachstörung ausgelöst hat. Bei uns hätte die KK (AOK) weitere Logotherapien übernommen um den "Ist-Zustand" noch einige Zeit erhalten zu können. Leider mag mein Vater nicht. Und es ist schrecklich, wie schnell sich die Sprache und auch das Sprachverständnis verschlechtert hat. Heute ist es so, dass Außenstehende meinen Vater nicht mehr verstehen. Ihm ist das sehr bewußt und das bedeutet, dass er sich noch weiter zurückzieht. |
| | | Nissanfahrerin Ist sich am Einleben
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| Thema: Re: Logopädie im Heim bei Demenz Do 27 Jun 2013, 20:53 © Nissanfahrerin | |
| Vielen Dank Ann für deine Schilderung. Das ist genau der Fall wie ich ihn so oft erlebe. Und dabei kann man so gut Abhilfe schaffen. So ein Patient darf möglichst nie das Gefühl haben, dass er nicht verstanden wird. Es gibt immer Möglichkeite zu Antworten. Notfalls kann auch ein Bedenkzeitsatz helfen. "Entschuldigung, da muss ich erst mal drüber nach denken." |
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