Liebe Forum-Leser und -mitglieder,
ich habe ein wirklich sehr großes Problem, daher frage ich nach langer Zeit mal wieder hier an, ob irgendwer gute Tipps für mich hat.

Seit 2007 ist mein Mann (75 Jahre) fortschreitend an Alzheimer erkrankt. Seit Anfang diesen Jahres habe ich nun die Pflegestufe III für ihn bekommen. Die Pflege übernehmen zu 80 Prozent unser Sohn und ich (zusammen mit einem Pflegedienst). Eine Heimunterbringung könnte ich mir auf gar keinen Fall leisten. Die Suche nach einer privaten Pflege- bzw. Haushaltshilfe war bisher erfolglos. Dazu muss ich sagen, dass ich noch voll berufstätig sein muss (wir haben 2004 unser neues Eigenheim bezogen, und die Finanzierung ist noch längst nicht abgeschlossen).

Also das zurzeit größte Problem für mich ist die regelmäßige Körperpflege meines Mannes. Bis vor ca. einem Jahr ging das alles noch recht gut, dann hat sich aber sein Verhalten sehr stark verändert. Er wurde immer sturer und sogar böse. Wenn ich ihn waschen oder rasieren möchte, rastet er richtig aus und ich muss ihn erst einmal langsam beruhigen. Das ist wirklich nicht einfach, vor allen Dingen wenn ich selbst im Zeitdruck bin und z. B. zur Arbeit muss. Am schlimmsten ist es, ihn mal in die Badewanne oder Dusche zu bekommen. Ich muss mindestens 45 Min. auf ihn einreden und bitten und betteln. Wenn ich es dann irgendwie doch noch geschafft habe, bin ich vollkommen fix und fertig.

Sehr problematisch ist auch die Fußpflege. Zu einem Fußbad kann ich ihn noch bewegen, doch wenn ich die Nägel schneiden möchte, dann schlägt er fast um sich. Ich hatte es schon einmal mit einer Profi-Fußpflegerin versucht, doch die musste kapitulieren, er ließ sie gar nicht an sich heran. Die Füße sehen wirklich schlimm aus, und er hat auch Schmerzen, wenn mann ihm z. B. Sochen überziehen will. Was kann ich da nur machen? Sicherlich entwickeln sich dadurch Entzündungen oder vielleicht sogar Fußpilz. Ich wäre für einen guten Rat wirklich sehr dankbar.

Ein weiteres Problem ist die Zahnprothese. Auch hier lässt er mich nicht ran. Manchmal lässt er sie auf dem Tisch liegen (klingt nicht sehr appetitlich - ist aber leider so), dann kann ich sie schnell in eine Reinigungslösung packen. Dann ist es aber wieder ein Problem, dass er diese wieder richtig einsetzt. Ich bin mit den Nerven manchmal ganz schön am Boden.

Erschwerend kommt hinzu, dass mein Mann seit einer Darmkrebs-OP 2007 dauerhaft Stomaträger ist. Auch hier passiert sehr oft ein Malheur, denn er reißt sich den Stomabeutel selbständig ab. Nicht immer sehen wir - die wir mit der Pflege beschäftigt sind - dies gleich, zumal es auch manchmal in der Nacht passiert. Ich brauche sicherlich hier nicht näher beschreiben, dass das nicht sehr schön ist und sehr viel unangenehme Arbeit macht.

Mein Mann ist leider auch sehr nachtaktiv. Sobald ich ihn dazu gebracht habe, dass er sich hinlegt und schön zugedeckt wird, dann springt er plötzlich wieder auf und rennt im Wohnzimmer umher (ich habe ihn jetzt unten im Wohnzimmer zum schlafen, weil ich immer Angst habe, dass er mir sonst die Treppe in der Nacht herunter fallen könnte). Ich habe zwar diverse Medikamente bekommen, doch habe ich den Eindruck, dass diese so gut wie gar nicht helfen. Unter anderem bekommt er im Extremfall "Melperon", doch da kommt er mir vor wie betrunken.

Meistens traue ich mich gar nicht, diese ganzen Dinge anderen Menschen in meiner Umgebung zu schildern, sie verstehen es ja doch nicht. Daher erhoffe ich mir hier unter Betroffenen doch eher Tipps, wie ich eine Verbesserung erreichen kann.

So, dies soll erst einmal genügen. Sicherlich gibt es hier im Forum Menschen, die ähnliche Probleme haben. Ich würde mir sehr für einen und mehrere guten Ratschläge freuen.

Liebe Grüße
Dorette

Liebe Dorette,

ich habe gerade deinen Bericht gelesen. Du schaffst die Grundpflege bei deinem Mann nicht mehr. Du bist vollzeitig berufstätig, ich gehe davon aus, dein Sohn auch. In der zwischenzeit ist dein Mann allein.
Mit einer Haushaltshilfe schaffst du das nicht, dazu ist sie überfordert.
Dein Mann hat Pflegestufe 3, also die gesamte Pflege muss übernommen werden. Gerade so problematische Bereiche, wie Füsse. Stoma , alle Ausscheidungen, Gebiss usw müssten Fachkräfte übernehmen. Ich würde die gesamte Pflege der Sozialstation übertragen. Das sind Fachkräfte, sie wissen, wie man mit Kranken umgeht und sehr oft funktioniert das mit neutralen Personen viel besser als mit Angehörigen. Gerade, wenn die Pflege nicht richtig gemacht werden kann , Fußnägel einwachsen und sich entzünden, die Haut am Stoma sich entzündet, kann es auch gefährlich für deinen Mann werden. Und dann denke ich, du bist die Ehefrau und keine gelernte Krankenschwester. Ich meine, wenn man Zeit hat, dann wächst man da mit rein, aber nicht bei einem Vollzeitjob.
Wenn dein Mann ordentlich versorgt ist, dann hast du wieder mehr Zeit und Nerven für schönere Dinge.

Ich wünsche dir viel Kraft und alles, alles Gute

liebe Grüße

Maria

Hallo Dorette,

herzlich Willkommen im Forum, schön das du den Weg hierher gefunden hast. Wie du beschreibst, habt ihr auch einen amb. Dienst. Wie oft kommt der, und für welche Tätigkeiten? Hast du deine Probleme schon mit dem behandelnden Arzt oder Neurologen besprochen? Wenn du noch voll berufstätig bist, hast du schon einmal über eine Tagespflege nachgedacht? Vielleicht gibt es bei euch auch das Angebot eines Pflegekurses für pflegende Angehörige mit Demenz. Hier wird dir vieles gezeigt, wie man mit Demenzerkrankten, in der täglichen Pflege umgehen kann und soll. Es nützt nichts, wenn du 45 Min. verzweifelt versuchst, ihn zum Duschen zu bewegen, dann machst du alles schlimmer. Vielleicht kann das dein Sohn übernehmen, oder eine männliche Kraft vom amb. Dienst. Wenn er absolut nicht will, lenke ihn ab, und versuch es später noch einmal. Wegen dem Stomabeutel, versuch es mal mit Pflegebodys. Das sind Einteiler, mit kurzem- oder langem Arm. Wegen der nächtlichen Unruhe, solltest du mit dem Neurologen sprechen. Fehlende Körperwahrnehmung, d.h. das Demenzkranke bereits nach 10 Minuten im Bett liegen, ihren Körper nicht mehr spüren. Sie werden unruhig, nesteln umher, und stehen auf um umherzulaufen. Wenn du hier im Forum unter Lexikon nachsiehst, da habe ich unter dem Thema "Spezialmatratze" einen Beitrag darüber geschrieben.

Ich wünsche dir weiterhin viel Kraft und Geduld, bei der Pflege mit deinem Mann.

Liebe Grüße

Paula

Liebe Dorette, ich verstehe deine Verzweiflung. Leider geht es vielen so, bei meinem Mann auch, zu viele Sorten an Beruhigungsmedis hat mein Mann schon bekommen. Wo so manch eines das Gegenteil bewirkt hat. Etwas Ruhiger wurde er erst mit Clozapin. Du solltest mit dem Neurologen sprechen, vielleicht hilft auch ein Krankenhausaufenthalt wo dein Mann mit neuen Medis eingestellt wird.
Mein Mann kommt auch oft nicht zur Ruhe, es hilft dann kein Beruhigungsmittel, wir haben keine Lösung
Einmal bekam er ein so starkes Mittel, dass er nur noch seine Augen bewegen konnte, da habe ich sogar den Notarzt gerufen, aber ich konnte nur warten bis die Wirkung nachlies, dieses Mittel hat er auch nie mehr bekommen.
Es genügt wenn du dein Mann jedes Wochenende in Ruhe zum (am besten Duschen ) bewegen kannst. Bei Dementen wächst das Schamgefühl auch dem eigenem Partner gegenüber. Vielleicht klappt es mit einer Badehose besser, oder in der Badewanne mit einem Handtuch bedecken, so das dein Mann nicht so Nackt ist. Mit den Nägeln haben wir das selbe Problem, jetzt schneide ich nur eine Hand oder Fuß am Tag, so ist es nicht zu viel Stress auf einmal.
Hat dein Mann auch Parkinson?
viel Kraft

LG Ulli

Liebe Dorette,

das ist ein Dilemma, aber ich denke du hast schon einige gute Tipps erhalten.
Wie sieht das aus mit deinem Sohn, der arbeitet doch auch oder? Was ist in der Zeit mit deinem Mann?

Was ich immer gern weiter gebe ist ein Tagesheim, Tageszentrum, wie ihr es auch nennt. Da kommt die Person den ganzen Tag hin und wird betreut. So kann man trotz Arbeiten gehen, die Person noch zU Hause pflegen.
Meine Nichte hat damals, wo Mama das 1. mal ins Tagesheim gegangen ist, gemeint "das ist ja wie wenn Grossmama in die Kinderkrippe gehen würde".

Eine Kita für Demente. Hört sich doch gut an nicht?

Wegen der Pflege wäre schon gut wenn der Pflegedienst jeden Tag 2 x vorbei kommen würde, Abends um ihn Bettfertig zu machen und morgens zum Aufstehen und Pflegen, sonst weiss ich leider nicht wie's bei euch geregelt ist, ich bin ja aus der Schweiz und hier ist vieles anders.

Ich hoffe ihr findet eine gute Lösung die euch helfen kann.

Rita

achso ja siehst, wieder die Hälfte vergessen

Was sagt der Neurologe und der Hausarzt zu eurer Situation? Können die evtl. etwas verschreiben damit er "umgänglicher" ist? Vielleicht besteht da ja ein Problem das man lösen kann, und vorallem dass er nachts besser schläft?

Ich würd die auf jeden Fall zu Rate ziehen.

Bei uns in der Schweiz ist eine gute Anlaufstelle auch die Pro Senectute (gibt's in Deutschland nicht, aber vielleicht sowas ähnliches), und die Alzheimer Stiftung. Die haben oft auch gute Ideen.

Liebe Dorette,
Maria und Rita haben schon Tipps gegeben. Vielleicht kannst es mal mit ner anderen Fußpflege versuchen. Dein Sohn und Du und dann noch berufstätig das ist einfach zuviel für euch.

Viel Kraft.

LG Sylvia

Liebe Dorette,
ich verstehe deine Sorge und bestehende Situation vollkommen. Alle Achtung und Respekt vor dir und allen pflegendenden Angehörigen. Wenn du mal ganz tief in dich gehst, denkst du auch noch an dich selbst? Nein oder nur ganz wenig?
Das solltest du aber liebe Dorette. Bei aller Fürsorge, bestehenden Problemen, Ängsten, aber auch alles richtig machen zu wollen, darfst du dich dabei nicht vergessen. Such dir Dinge, die dir Spaß machen, dich entspannen, dir neue Kraft geben. Demente haben ganz feine sensible Antennen. Sie spüren, wenn ihr gegenüber nervös, gereizt, nicht einfühlend sein kann, aufgrund dessen, weil ihr gegenüber einfach nur überstrapaziert ist.
Ich bin Altenpflegerin und habe ganz viel Umgang mit Dementen. So verschieden sie auch sind, ist es täglich eine neue Herausforderung. Ich stelle immer wieder fest, dass meine Ruhe, meine Echtheit und meine Empathie, eine positive Wirkung haben. Bin ich aber von Stress geprägt, habe Zeitdruck, aufgrund eines Notfalles oder dergleichen, wird dies auf "meine Dementen" übertragen. Ich kann mir noch so viel Mühe geben, all dies zu unterdrücken. Doch meine Mimik, meine Gestik, meine Stimme(-lage),vielleicht auch mein Puls verraten mich, dass irgendetwas "nicht stimmt".
Ich hatte einmal einen Dozenten, welcher seinen Kurs über Demenz in französisch begann. Niemand hat ein Wort verstanden, alle reagierten nervös oder was soll das jetzt hier, spinnt der.
So ungefähr musst du dir vorstellen, "versteht" dich dein Mann, wenn du auf ihn gaaaaanz lange einredest. Er kann dir nicht folgen, es ist zu viel an Worten.
Himmel nein, so abschweifen wollte ich nicht, Sorry.
Ich jedenfalls würde dir genau wie meine Vorschreiberinnen empfehlen, dass du Kontakt mit einem Pflegedienst aufnimmst. Oder auch eine Tagespflege in einer Dementen Wohngruppe kontaktierst.
Ich hoffe du könntest auch zwischen meine Zeilen etwas lesen. Ich wünsche dir Kraft, Mut, Freude, Zeit für dich, eine verständnisvolle Familie und Freunde.

Liebe Grüße