Hallo an alle

vor drei Tagen wollte Mutter unbedingt Rouladen einkaufen.
Dachte mir schon, dass sie uns zum Essen einladen wird. Aber nichts passierte.

Gestern habe ich dann nach den Rouladen gefragt - - nee, im Kühlschrank ist ein Bratenstück

Sie war dann ganz erstaunt, dass es wirklich Rouladen waren, fragte mich noch, ob sie denn sonst alles hätte (Speck, Gurke,Senft) und wollte sie dann braten.
Kurze Zeit später rief sie an: "sagt mal, ich hab irgendwie ein Brett vorm Kopf! Wie muss ich den Rouladen kochen?"

Tja, nun haben wir wohl den Punkt erreicht, wo auch diese früher alltäglichen Dinge weg sind. Sie kann wohl nur noch ihre Gemüse-Pfanne.

Sie hat dann aber doch gestern noch die Rouladen fertig gebraten, oder auch nicht?

Heute rief sie 3mal an und lud uns zum Essen ein

Na mal sehn wie's schmeckt .

Ein schönes Muttertagswochenende
felixdottir

Liebe Felixdottir,

an diese Zeit kann ich mich noch gut erinnern. Eine zeitlang geht es noch mit Hilfe, eine zeitlang gehen noch gewisse Gerichte und dann geht plötzlich nichts mehr (am längsten konnte meine Mama Kartoffelgulasch).

Dann gab es nur noch undefinierbares Angebranntes, vergammeltes Aufgetautes, Öl schwimmendes Etwas (an Sauerkraut kann ich mich noch erinnern, brrrr), eine frustrierte Mutter und eine schimpfende Tochter (was hast du denn schon wieder gemacht, warum lässt du es nicht, warum wartest du nicht auf mich, warum hast du alles aufgetaut was im Gefrierschrank war, warum hast du....), und es gab sehr viele Tränen und sehr viel Streit. man will ja nicht einsehen, dass man plötzlich nicht mehr kochen kann und "einfach alles falsch" macht", und "dir passt ja gar nichts mehr was ich mache" (da wird dann auch schon mal was Ungenießbares aus Trotz gegessen - schmeckt doch, was willst du ??).

Wenn es soweit ist, dass es gar nicht mehr geht mit dem Kochen, mach nicht auch den Fehler und schimpf auch wenn es noch so stinkt und noch so ausschaut und, und, und - ich sag dir es bringt nichts, aber ich weiß wie schwer das ist - so schnell kann man gar nicht schauen, wie einen etwas rausrutscht. heute bin ich viel abgeklärter, aber damals war es für mich nicht leicht zu akzeptieren, was da vorging. Niemals zuvor und niemals wieder war es zwischen meiner Mama und mir weniger harmonisch und schön als damals. Es ist wohl wirklich ein entscheidender Punkt, wo sich die Menschen und vor allem die Frauen, die ja immer gekocht haben besonders schmerzlich ihrer Defizite bewusst werden und das Konfliktpotential besonders hoch ist.

Mittlerweile ist Kochen kein Thema mehr bei uns, aber es war keine einfache Zeit.

Ich wünsch dir viel Kraft und vor allem Geduld und wenn es nicht mehr geht und gefährlich wird (Herd etc.) wirklich rigoros bleiben.

Liebe Felixdottir,

ja, so fängts an, plötzlich wissen sie etwas nicht mehr wie kochen, dann das nächste, irgendwann geht gar nichts mehr. War auch bei Mama so.
Sie hat immer gekocht, irgendwann wusste sie nicht mehr wie ihre beliebte Tomatensauce ging, dann kam es mit der Bolognaise die sie nicht mehr konnte, und so ging's weiter. Angebrannt hat sie soweit ich weiss nie etwas, und Vater hat dann das Kochen übernommen. Aber der hat auch schon Unsinn gemacht, obwohl er nicht dement ist (er liess eine halb volle Ölflasche neben den Herdplatten stehen, und die vertrug die Hitze nicht, schmolz, Öl lief aus..... herrlich oder?)

Wenn's mit dem Herd zu gefährlich wird, hatte mir auch mein Mann gesagt dass es das gibt, gibt es Zeitschaltuhren für die Herde, dann geht's so oder so nach einer bestimmten Zeit aus.
Hilft vielleicht schon mal was.
Sonst, wenn's gar nicht mehr geht oder zu gefährlich wird, informier dich ob's in deiner Region auch "Essen auf Rädern" gibt oder sowas, damit das Essen geliefert wird, dann musst du dir eine List ausdenken damit sie's akzeptiert, denn sie will weiter selber kochen wollen.

ich wünsch dir ganz viel Kraft und Geduld

Rita

Betonung auf "Damit sie es akzeptiert" - das ist nämlich das Allerschwerste für jemanden der immer gekocht hat.

Astrid

auf jeden Fall.

Ausser bei Mama. Die war ganz froh endlich "Freizeit" zu haben und nicht mehr kochen zu müssen.

Hallo zusammen,

wenn ich das so lese ,dann erinnert mich das an Papas letzten koch versuche.Nach dem Tod meiner leiblichen Mutter hat er sich das kochen selber beibringen müssen und er hat sich so manche leckere Eigenkreation einfallen lassen.

Wenn ich so nachdenke,in den letzten 2 Jahren,wo er noch Zuhause war,konnte er sich nicht mal mehr die einfachsten Gerichte selber kochen,alles wurde nur noch irgendwie in den Pott geworfen,Salz Pfeffer und gut ist's.

Selbst wenn ich Ihn ab und an mal am Telefon nach dem einen oder anderen Gericht gefragt habe,konnte er mir nicht mehr antworten.
Zum Schluß hat er sich nur noch Fertiggerichte gekauft,ab in die Micro und fertig.

Schon traurig,denn all die leckeren Gerichte kann ich jetzt nicht mehr nachkochen....leider....


Shali

Und irgendwann geht dann die Mirko auch nicht mehr, weil man nicht mehr weiß wozu die gut ist. Mama hat am Anfang alles was sie in der Tiefkühltruhe gefunden hat in die Mirko gepackt. Ich hab die nicht so oft benutzt und wenn ich dann mal die Tür aufgemacht hab hab ich dort Sachen gefunden - das wollt ihr gar nicht wissen....igitt Am liebsten hätte ich ein Vorhängeschloss an den Tiefkühler gemacht. Ich erinnere mich noch wie ich gesucht habe was denn da so stinkt und wie ich dann ein Päckchen Tiefkühlerbsen gefunden habe, die schon - na ja in nicht mehr so gutem Zustand waren. oder im Kasten einen Riesentopf mit gekochten Nudeln (schön den Deckel drauf - hab das Zeug erst gefunden, als ich den Topf brauchte - damals kam ich noch nicht drauf, wo man überall suchen muss

@Shali: das mit den Rezepten stimmt, da tut es mir um einiges Leid und ich bereue, nicht früher gefragt zu haben - für immer verloren (schade). Meine Mama hat sehr gut gekocht, da sind oft viele Verwandte zum Essen gekommen, leider hatte sie nichts schriftlich.

Alles Liebe

Astrid

das stimmt wegen dem Nachkochen.

Ich habe noch einige Sachen im Kopf gehabt. Hab als kleines Kind bei Mama so oft und gerne zugeschaut. Wo es bei ihr dann soweit war dass man sie nicht mehr fragen konnte, kamen die Erinnerungen wieder.

Zumindest die Sachen die ich als Kind am liebsten gehabt habe, die kamen mir in den Sinn.

Vielleicht erinnert ihr euch plötzlich auch wieder an irgendwas und könnt's dann nachkochen. Hoffe ich für euch. Denn es ist so schön in Nostalgie zu schwelgen und was aus "alten Tagen" nach zu kochen und zu geniessen. Mag es noch so ein banales Essen sein, die Erinnerungen machen's aus.

Tja mit dem Kochen ist es wohl schon länger schwierig, denn als sie noch alleine in ihrem Haus wohnte, ging sie oft ums Eck in den Supermarkt und hat sich dort die angebotenen Mittagmenus gekauft. Hat mir dann am Telefon erzählt, wie lecker es schmeckt und dass es sich für eine Person ja auch nicht lohnt, z.B. Grünkohl o.ä. zu kochen.

Mittlerweile sehe ich das anders: es fiel ihr da schon schwer, sich an alle Zutaten und die Zubereitung zu erinnern.

Sie hat TK-Gerichte im Haus, denk aber nicht daran. Ich muss sie dann dran erinnern, dass sie ja auch mal was auftauen kann.

Am liebsten kocht sie aber immer noch selbst. Klar, das war auch immer ihre Hauptaufgabe, die sie auch gut und lecker gemeistert hat. Oft mit vielen Gästen Einzusehen, dass sie das nciht mehr kann ist schwer.

In den letzten Monaten kocht sie immer nur ihre Gemüsepfanne mit Lachs. Da kommt dann einfach alles kleingeschnitten untereinander und ..... schmeckt.

Jeden Tag das selbe



Zum Geburtstag hatte ich mir von ihr einen Kuchen gewünscht. OK, der Backofen ist fremd, also mußte es ein Kühlschrankkuchen sein.

Früher gab es bei uns oft Schwarzwälderkirsch :;-zwinkernd;-: hmmm
Im Supermarkt haben wir dann zusammen alle Zutaten gekauft und ich hab sie ihr in die Küche gestellt, damit sie am nächsten Tag den Kuchen machen kann.

Er sah gut aus ,
und er schmeckte ,
allerdings hatte sie die Kirschen nicht angedickt, deshalb fielen die Stücke etwas auseinander egal,
nur das Kirschwasser fehlte

Das hatte sie ganz schnell in den Schrank geräumt, gar nicht erst für den Kuchen vergeudet, sondern in den nächsten Tagen alleine getrunken. :lachen!:



tja, manchmal kann man noch drüber lachen

LG
Felixdottir

Tja, man muss halt Prioritäten setzen (mit dem Kirschwasser meine ich )

Das heisst aber sie kommt noch einigermaßen zurecht und es ist noch nicht Gefahr im Verzug.

Nachdem sie aber immer gerne und viel auch für Gäste gekocht hat wird es ihr sicher schwerfallen, irgendwann zugeben zu müssen, dass sie es nicht mehr kann. Es ist gut, wenn sie sich woanders etwas besorgt, egal was für Ausreden sie hat. Vielleicht zieht ja das Argument, dass es sich nicht lohnt für einen allein zu kochen auch dann wenn es wirklich nicht mehr geht.

Bei uns war das nicht drinnen, Mama wollte ja für mich kochen und hat sich furchtbar gekränkt, wenn sie so gar nichts mehr zustande brachte. Irgenwann gelang es nicnt einmal mehr, Vorgekochtes aufzuwärmen.

Sei froh, dass es noch so klappt - Schwarzwäldertorte ist auch ohne Kirschwasser gut :lachen!:

Alles Liebe

Astrid

so, kommen gerade vom Muttertags-Rouladen-Essen


es hat alles geklappt und geschmeckt hat es auch - - ganz wie früher

Nur die Gespräche: immer die gleichen Sätze

Manches ist schwierig, aber es klappt dann doch noch.


Schönen Abend an alle
felixdottir

Liebe Felixdottir,

Freut mich, dass ihr einen schönen Muttertag hattet und die Rouladen geschmeckt haben

Ich drücke euch die Daumen, dass alles noch recht lange gut geht

Alles Liebe

Astrid